Hallo, schön, dass Ihr alle hier seit, am Güterplatz, dem östlichen Ende des Europaviertels. Hier wird gerade ganz viel gebaut, nebenan soll bald auch noch das höchste Hochhaus Deutschlands, der Millenium Tower, entstehen. Schon länger gibt’s hier das Einkaufszentrum Skyline Plaza, das Kongresszentrum Kap Europa – wo vor Corona z.B. die jährliche Hauptversammlung der Deutschen Wohnen stattgefunden hat –, dazu diverse Hotels – und neuerdings auch Wohnungen.
Was sind das für Wohnungen, die hier entstehen? Es wird Euch nicht überraschen: Bezahlbare Wohnungen sind es nicht – obwohl hier auch die städtische Wohnungsgesellschaft ABG baut. Auf dem Bauzaun versprich sie wie immer „Wohnen für Alle“. Konkret bedeutet das: Von den knapp 260 Wohnungen, die hier vorne gerade entstehen, sind nur 5 Prozent gefördert. Die restlichen 230 kosten freifinanziert 12,5 Euro pro Quadratmeter. Für Menschen mit geringem Einkommen ist das unbezahlbar, „für alle“ ist hier also gar nichts! Das Beispiel zeigt einmal mehr, weshalb die Forderungen des Mietentscheids nach einer anderen, nach einer sozialen Geschäftspolitik der ABG absolut richtig und notwendig waren und weiter sind – scheißegal was irgendwelche Gerichte dazu sagen!
Aber es geht noch schlimmer. Nebendran wird das Wohnhochhaus „Eden“ bald fertig. 262 Eigentumswohnungen für durchschnittlich 10.000 Euro/qm, vertikale Gärten, ein privater Gym, eine Rooftop-Terrasse; eben „Living the Next Level“, wie es auf der Homepage des Projekt so schön heißt. Leider gilt das wiedermal nur für die Reichen und Superreichen in dieser Stadt, die hier in ihrer Parallelgesellschaft leben, der Rest guckt in die Röhre.Wobei: Ausgerechnet heute hätte es die Möglichkeit gegeben, sich im Eden Musterwohnungen anzusehen. Leider haben viele Aktive gerade Corona, sonst hätten wir da vielleicht vorbei geschaut und ein bisschen Action gemacht, wie es sich für den heutigen HousingActionDay eigentlich gehören würde. Aber wer weiß: Aufgeschoben ist ja nicht unbedingt aufgehoben, solche Luxusprojekte hätten jedenfalls regelmäßige Hausbesuche verdient!
Damit kommen wir zum Grand Tower, vor dem wir hier stehen – laut Vermarktungsbroschüre gleichbedeutend mit „Living the High Life“. Das stimmt in doppelter Hinsicht: Mit 180 Metern ist der Grand Tower das aktuell höchste reine Wohngebäude Deutschlands. Und auch in Sachen Quadratmeterpreise ist das hier „High Life“: Die 400 Wohnungen auf 47 Etagen kosten bis zu 30.000 Euro pro Quadratmeter. 30.000 Euro für einen Quadratmeter – das ist höher, als das durchschnittliche Nettoeinkommen in dieser Stadt. Deutlicher kann man nicht zeigen, warum wir gegen die Stadt der Reichen kämpfen müssen!
Der Skandal sind aber nicht nur diese Preise; der Skandal ist nicht nur, welche Auswirkungen diese Preise für die Nachbarschaft haben – die Rede vom Solidarischen Gallus hat das fürs Gallus eindrucksvoll gezeigt; der Skandal ist nicht nur, dass das alles hier mal öffentliche Flächen waren, auf denen sich jetzt irgendwelche Investoren und Projektentwickler eine goldene Nase verdienen; nein, der eigentliche Skandal ist, dass diese scheiß Wohnungen am Ende auch noch leer stehen – und dass niemand weiß, wem sie eigentlich gehören.Laut FAZ sind alleine im Grand Tower mehr als zwanzig leerstehende Wohnungen in Immobilienportalen inseriert – für 25 bis 40 Euro Miete pro Quadratmeter. Das ist sicher nur die Spitze des Eisbergs, weil viele Wohnungen einfach so leer stehen, ohne dass sie vermietet werden. Das ist kein Wunder: Projekte wie der Grand Tower dienen ja vor allem dazu, dass Reiche und Superreiche ihr Betongold bunkern können. Ums Wohnen geht’s hier längst nicht mehr, sondern um Kapitalanlage. Beim Grand Tower ist das besonders krass, weil er das erste Wohngebäude in Deutschland war, das international vermarktet wurde. Insgesamt haben Käuferinnen und Käufer aus über 30 Ländern zugeschlagen, aus Deutschland, Europa, Russland, Asien und Amerika. Wer von ihnen wirklich hier wohnt, weiß kein Mensch.
Das ist aber die entscheidende Frage: Wem gehört eigentlich diese Stadt – unsere Stadt? Die Öffentlichkeit, wir alle, wissen nicht, wem die leerstehenden Luxuswohnungen gehören; wir wissen nicht, wem die Unternehmen, Gesellschaften und Fonds gehören, die all das Betongold entwickeln, bauen und vermarkten und damit Milliardenprofite erwirtschaften. Das ist eine große Blackbox – und das müssen wir ändern. Denn nur wenn wir wissen, wem wir eigentlich gegenüberstehen, können wir erfolgreich gegen die Stadt der Reichen kämpfen.Deshalb zum Schluss: Wenn jetzt im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg darüber diskutiert wird, die Vermögen von russischen Oligarchen zu beschlagnahmen, einzufrieren und zu enteignen, dann ist das richtig – es scheitert aber daran, dass der deutsche Staat und die Städte überhaupt keinen Plan haben, was diesen Oligarchen hierzulande überhaupt alles gehört. Die Politik wollte lange gar nicht wissen, wem hier was gehört, niemand wollte die Geschäfte stören – weder von den Oligarchen, noch von den anderen Reichen und Superreichen, aus Hessen, Deutschland, Europa und der Welt. Das muss sich dringend ändert, sie alle müssen ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden – und wir müssen Druck machen, dass sie eben nicht mehr freie Hand haben in unseren Städten, damit endlich Wohnraum für alle entsteht statt nur für Reiche.
Egal ob Oligarchen, Multimillionäre oder sonstige Krisengewinner: Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten!Luxusleerstand enteignen – die Stadt für Alle erkämpfen!